«Das Hersteller-Zulieferer-Verhältnis ist seit je her vom Preisdruck geprägt»

Automobilzulieferer

«Das Hersteller-Zulieferer-Verhältnis ist seit je her vom Preisdruck geprägt»

24. August 2016 agvs-upsa.ch – Das Kriegsbeil zwischen VW und zwei seiner Zulieferer ist begraben. Während des Streits rückten die Verhältnisse zwischen den beiden Parteien in den Fokus der Öffentlichkeit. Im Interview äussert sich Martin Hirzel, CEO des Schweizer Zulieferers Autoneum, welcher vom VW-Fall nicht betroffen war, zum Verhältnis zwischen Autobauer und Teilelieferant.

Bisher wurden Streitigkeiten zwischen Autoherstellern und Zulieferern nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen. Hat sich beim Verhältnis zwischen den beiden Parteien in den letzten Jahren etwas verändert?
Martin Hirzel: Das Hersteller-Zulieferer-Verhältnis ist seit jeher vom Preisdruck seitens der Hersteller und der Notwendigkeit ständiger Kostenoptimierung bei Zulieferern geprägt. Unsere Kunden erwarten permanent Kosten- und Qualitätsverbesserungen sowie die Entwicklung von innovativen Produkten und Technologien.

Apropos Preis: Sind Kunden kompromissbereiter oder ist der Preisdruck noch höher als früher?
Die Situation hat sich nicht verändert. Das heisst, die Automobilhersteller erwarten immer wieder Preisnachlässe von uns. Das ist Teil des Geschäftsmodells eines Automobilzulieferers. Deshalb sind kontinuierliche Verbesserungen in allen Bereichen für uns so wichtig. Unsere globale Präsenz und unsere Technologieführerschaft wirken sich ebenfalls positiv auf die Preise aus, die wir erzielen können.

Ist der Kunde bereit, für Ihre Technologieführerschaft einen höheren Preis zu bezahlen?
Ich gebe Ihnen gerne ein konkretes Beispiel: Aufgrund der verschärften CO2-Richtlinien für die Automobilhersteller herrscht gerade in Europa, aber auch in anderen Regionen, ein grosser Druck, das Gewicht der Fahrzeuge zu reduzieren und damit den CO2-Ausstoss zu verringern. Da nicht erreichte CO2-Ziele für die Fahrzeughersteller inzwischen signifikante Strafzahlungen bedeuten, werden Gewichtseinsparungen bei der Auftragsvergabe honoriert. Zudem können die Autobauer so den Endkonsumenten Autos mit geringerem Treibstoffverbrauch und damit mit geringeren «Nebenkosten» anbieten.

Heute stammen mehr als die Hälfte der Autoteile von Zulieferern – wird sich daran kurz- oder mittelfristig etwas ändern?
Rund 70 Prozent eines Fahrzeugs werden heute von Zulieferern hergestellt. Es ist nicht absehbar, dass sich das in naher Zukunft ändert.

Was sind die grössten Herausforderungen für einen Zulieferer, um im internationalen Markt zu bestehen?
Das «A und O» sind globale Präsenz mit Nähe zum Kunden und ein innovatives Produktportfolio. Dass Autoneum beides erfolgreich verbindet, zeigt unsere internationale Kundenbasis, in der fast jeder Fahrzeughersteller weltweit vertreten ist.

Hat man da als Schweizer Firma Vor- oder Nachteile?
Auch wenn Schweizer Produkte weltweit einen guten Ruf haben: Die Nationalität eines Zulieferers spielt bei der Auftragsvergabe keine Rolle. Unsere Entwicklungszentrale am Schweizer Konzernsitz in Winterthur geniesst bei den Entwicklungsabteilungen der Fahrzeughersteller zwar ein hohes Ansehen – allerdings liegt das ganz massgeblich an der Qualität der Technologien und Produkte.

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