Aktive Fahrwerksregelung mit Schwingungsdämpfern

Technik-Update

Aktive Fahrwerksregelung mit Schwingungsdämpfern

12. Oktober 2018 agvs-upsa.ch – Zur Lösung der Konflikte zwischen optimaler Fahrsicherheit und Komfort werden seit mehreren Jahren aktive Fahrwerksysteme mit variablen Dämpfern eingesetzt. Die bereits vierte Generation der CDC-Dämpfer ist mittlerweile auch in der Mittel- und Kompaktklasse der Personenwagen verbreitet. Ein Beitrag von Andreas Schranz, auto & wissen.


Bild 1: CDC1XL von ZF – die variablen Dämpfer nur für die Hinterachse.

Ein gutes Federungs-Schwingungs-Verhalten eines Fahrzeugs setzt ein perfektes Zusammenspiel zwischen den gefederten sowie ungefederten Massen, den Reifen, den Federn und den Schwingungsdämpfern voraus. Die Federn wandeln die Fahrbahnstösse in Schwingungen um. Die Schwingungsdämpfer (auch kurz Dämpfer genannt) bauen die Schwingungen des Feder-Masse-Systems ab und wandeln die Schwingungsenergie in Wärme um. Die Druckstufe der Dämpfer ist dabei grundsätzlich weicher ausgelegt als die Zugstufe (Bild 2). Beim Ausfedern muss die härtere Zugstufe zusätzlich die Energie der vorgespannten Federn im Zaum halten. In diesem Artikel werden die sogenannten CDC-Dämpfer («Continuous Damping Control») im Allgemeinen behandelt. Nicht nur die Firma ZF-Sachs, die diesen Namen geprägt hat, produziert CDC-Dämpfer. Die Automobilhersteller vergeben für ihre CDC-Systeme unterschiedliche Namen: VW bezeichnet das System «DCC», BMW «EDC» oder Opel «IDSPLUS» – und als wäre die Übersicht noch nicht kompliziert genug, sind beispielsweise in einem BMW EDC je nach Modell CDC-Dämpfer von verschiedenen Zulieferern mit unterschiedlichen Ventilfunktionen verbaut.

Ohne Vernetzung
Die kostengünstige Einfachlösung bietet ZF-Sachs seit 2014 mit nur zwei CDC-Dämpfern ohne Vernetzung an die vorhandene Fahrzeugperipherie (Sensoren, Steuergeräte oder Bussysteme) an. Die Dämpfer im Bild 1 wurden speziell für Kleinwagen, Vans, Kombis, Nutzfahrzeuge und Mittelachsen bei Gelenkbussen entwickelt. Bei Beladung des Fahrzeugs steigt die gefederte Masse an der Hinterachse an und die progressiven Schrauben- oder Luftfedern reagieren auf die Zuladung mit einer höheren Vorspannung.

Die Dämpfer müssen dementsprechend ebenfalls mit einer deutlich härteren Kennlinie aufwarten. Dadurch können die veränderten Schwingungen optimal abgebaut und die Fahrsicherheit gewährleistet werden. Neben der Fahrsicherheit und der optimierten Raddämpfung wird der Fahrkomfort durch die Verstellung der CDC-Dämpfer wesentlich gesteigert.

Echtzeitregelung
Gesteigerte Fahrsicherheit bedeutet, dass beispielsweise beim Kurvenfahren, einem Spurwechsel, beim Beschleunigen oder beim Bremsen die Wank- und Nickbewegungen durch die straffere Dämpferauslegung deutlich reduziert werden.

Das Fahrzeug wird beispielsweise durch die straffere Druckstufe auf der Kurvenaussenseite besser abgestützt. Wenn die Dämpferhärte bei der Fahrt im beladenen Zustand grundsätzlich erhöht wird, wie bei einem Nivomat oder Variodämpfer (Zwei-Stufen-Dämpfung), leidet der Komfort – auf einer flachen Fahrbahn könnten die Dämpfer nämlich auch bei beladenem Fahrzeug weich bleiben.

Die CDC-Echtzeitregelung beherrscht diesen Kompromiss zwischen Fahrsicherheit und Komfort. Beim Rollen auf der Autobahn kann der Dämpfer aus Komfortgründen sogar weicher gestellt werden als ein konventionell ausgelegter Dämpfer und beim Spurwechsel oder bei Bodenunebenheiten aus Sicherheitsgründen dann deutlich härter (Bild 2).

Wie am Himmel befestigt
Mit vier CDC-Dämpfern kann eine Skyhook-Regelstrategie angestrebt werden. Der Skyhook-Regelansatz versucht, die Fahrzeughöhe unabhängig von Beladungs-, Fahr- und Strassenzustand möglichst stabil in der Mittellage zu halten, vergleichbar einer Anbindung der Carrosserie an einen festen «Himmelshaken» (Skyhook).


Die Dämpfkräfte wirken sofort jeder Bewegung aus dieser Mittellage entgegen. Dazu werden an einem Rad Beschleunigungssensoren am Dämpfer unten (meist nur an der Vorderachse) und am Aufbau oben verbaut. Bei der vierten Generation des CDC-Systems entfallen die externen Aufbaubeschleunigungssensoren. Durch die Vernetzung (Sensor-Cluster) über das Bussystem des Fahrzeugs können neu alle relevanten Daten der Aufbaubewegung zur Dämpferregelung direkt von den im Fahrzeug vorhandenen Sensoren bezogen werden.



Bild 3: «DDC Plug & Play Sport»-Fahrwerk von KW mit externen Proportionalventilen.

Normal, Sport und Komfort
Der Fahrer kann die Härte der Dämpfer über einen Schalter in zwei bis drei Abstufungen beeinflussen. Normal, Sport und Komfort heissen die Modi. 

Der Sportmodus assoziiert, dass man bei einer Freizeitrunde auf einer Rennstrecke mit Sportdämpfern unterwegs ist. Merkwürdigerweise machen Testfahrer von namhaften Automagazinen immer wieder die Erfahrung, dass im Sportmodus zwar die Bandscheiben mehr belastet werden, aber die Rundenzeiten einer Teststrecke im vermeintlich weicheren Modus schneller sind.

Heute werden mit solchen Sportmodi auch veränderte Motor-, E-Gaspedal- und Kraftverteilungskennfelder verknüpft. Will man bei einem Fahrzeug mit CDC-Dämpfern ernsthaft etwas für die Steigerung der Sportlichkeit beim Fahrwerk tun, bietet KW-Suspension beispielsweise für VW Scirocco, VW Golf VI, VW Passat und 3er-BMW das «DDC Plug & Play»-Fahrwerk an (Bild 3).
Dieses modifizierte Fahrwerk ermöglicht es, die vorhandene Elektronik des CDC im vollen Umfang weiter zu nutzen – mit allen sportlichen Vorteilen eines Gewindefahrwerks und einem zur härteren Federkennlinie passenden Sportdämpfer.

Proportionalventil regelt Dämpferrate
Das Innenleben des CDC-Dämpfers unterscheidet sich von einem Seriendämpfer nicht nur durch den Einbau eines Proportionalventils. Der grösste Unterschied besteht in den Dämpferventilen. Diese sind zum Beispiel im externen CDC-e-Dämpfer im Wesentlichen als Rückschlagventile ausgeführt (Bild 4 / B). 

Die eigentliche Dämpfungsarbeit übernimmt das Uniflow-Proportionalventil (Bild 4 / 4). Im Arbeitskolben (Bild 4 / 1) ist das Rückschlagventil der Druckstufe und im «Bodenventil» (Bild 4 / 2) das Rückschlagventil der Zugstufe eingebaut.

Ein optionales Überdruckventil (Bild 4 / 5) verhindert hohe Druckspitzen im Arbeitsraum des Dämpfers. Die vereinfachte schematische Darstellung des CDC-e-Dämpfers wird dem eigentlichen Aufbau nicht ganz gerecht. Die blau eingezeichnete Leitung ist beim eigentlichen CDC-e Dämpfer als Ringraum zwischen Arbeitsraum und Ausgleichsraum ausgeführt.

Die Hydraulikflüssigkeit strömt im Proportionalventil beim CDC-e in der Druck- und Zugrichtung immer in dieselbe Richtung (Uniflow, olivgrüner Pfeil im Bild 4 / B), in der Druckstufe wegen der eindringenden Kolbenstange sowie dem gesperrten Rückschlagventil im «Bodenventil» und in der Zugstufe wegen des geschlossenen Rückschlagventils im Arbeitskolben.

Das Proportionalventil wird mit einem Arbeitsstrom von 0,24 A bis 2,0 A betrieben. Je höher die Stromstärke ist, desto härter ist die Dämpfung. Bei einer hohen Stromstärke ist die Feder des Ventilkegels im Proportionalventil des CDC-i-Dämpfers stärker vorgespannt (Bild 5 / 1). Der Bypass-Ölstrom (Bild 5 / 2) wird behindert – der Dämpfer wird härter.
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